Schülerinnen und Schüler lernen an einem Tag alles
über Miete, Steuern, Finanzen und Krankenkassen
Bruchköbel, „Zukunftstag – Dein Crashkurs fürs Leben“ prangt auf der Leinwand, als die fast 170 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 der an diesem Montag und die über 200 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 an diesem Dienstag die Aula betreten. Heute stehen nicht Mathe, Englisch oder Sport auf dem Stundenplan, sondern Finanzen, Steuern, Krankenkasse und Wohnen. Der Zukunftstag ist zu Gast – ein Projekttag, der den Jugendlichen Themen näherbringt, die später im Leben wichtig werden, aber im Schulalltag häufig keinen Platz finden.
Um 8 Uhr geht es los. Schulleiterin Christine Georg begrüßt die Schülerinnen und Schüler sowie die Referenten, die sich für diesen Tag von ihrer Arbeitsstelle befreit haben, um Wirtschaftswissen in die Schule zu tragen. Zu Beginn werden die Schülerinnen und Schüler gefragt, wie informiert sie sich bereits vor dem Projekttag in den Bereichen Finanzen, Steuer und Co. fühlen. Das Feedback fällt erwartungsgemäß aus: sicher fühlen sich nur wenige. Die meisten antworten mit „ein wenig“ oder „überhaupt nicht.“ Ziel des Zukunftstages ist es, das zu ändern.
Anschließend beginnen die Workshops zu den vier Themen. Diese werden von Experten der jeweiligen Branchen auf ehrenamtlicher Basis gehalten. Im Workshop Wohnen geht es um die Fragen, wie finde ich meine erste eigene Wohnung und welche Kosten kommen hier auf mich zu? Die verschiedenen Steuer- und Anstellungsarten sind Thema im Workshop Steuern. Warum es wichtig ist, schon früh daran zu denken, für das Alter vorzusorgen und warum man sich nicht alleine auf die gesetzliche Rente verlassen sollte – das lernen die Schüler im Finanz-Workshop. Und schließlich geht es im Krankenkassenworkshop darum, wie sich die Leistungen der verschiedenen Kassen unterscheiden und worauf man bei der Wahl der eigenen Krankenkasse achten sollte. Am Ende des Tages hat jeder die vier Workshops erlebt und sowohl Lehrer als auch Schüler zeigen sich dankbar für dieses Angebot.
Seinen Ursprung hat der Zukunftstag in einem Tweet aus dem Jahr 2015. Damals schrieb eine Kölner Schülerin: „Ich habe keine Ahnung von Miete, Steuern und Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen.“ Dieser Tweet löste in Deutschland eine Debatte über den Stand der ökonomischen Bildung aus. Auch Lorenzo Wienecke und Juri Galkin, damals selbst noch Schüler, sprach der Tweet an. Die beiden Kasseler Schülersprecher nahmen das Problem selbst in die Hand und gründeten 2019 den Zukunftstag.
Heute ist der Zukunftstag das Hauptprojekt der Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung (IWJB gGmbH), die 20 Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kommen etwa 75 Ehrenamtliche, die neben Studium oder Beruf zu Schulen reisen und Zukunftstage vor Ort leiten.
„Mit dem Zukunftstag bieten wir jungen Menschen ganz praktische Hilfestellung und geben ihnen Wissen mit auf den Weg, das sie beim Start ins Erwachsenenleben brauchen. Damit möchten wir einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leisten, denn wir sind der Überzeugung, dass finanzielle Bildung nicht vom Elternhaus abhängig sein sollte. Mit dem Zukunftstag erreichen wir alle jungen Menschen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft“, erklärt Lorenzo Wienecke.
Die Unterstützung aus der Politik haben sie für dieses Vorhaben bereits: So sind die Kultusministerinnen aus Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, der Kultusminister aus Hessen sowie die Bildungssenatorin aus Berlin Schirmherren des Projektes.
Lehrer, Eltern und Schüler, die Interesse daran haben, den Zukunftstag auch an ihre Schule zu holen, können sich unter www.zukunftstag.org informieren und Kontakt zur IWJB aufnehmen.
Die Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung gGmbH (IWJB)
Die Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung e.V. wurde 2019 von den ehemaligen Schülersprechern, Juri Galkin und Lorenzo Wienecke, in Kassel ins Leben gerufen. Seit 2021 ist die Initiative eine gemeinnützige GmbH (IWJB gGmbH). Als solche hat sie sich zum Ziel gesetzt, die wirtschaftliche und finanzielle Bildung junger Menschen zu fördern. Mit dem Zukunftstag bringt sie deutschlandweit Alltagswissen in die Schulen. Außerdem ermöglicht sie mit ihrem Dialogformat „Young Economist” den Austausch zwischen jungen Menschen und herausragenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Beiden Projekten liegt eine gemeinsame Vision zugrunde: Jeder junge Mensch soll mit einem Grundverständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen ins Erwachsenenleben starten.